Abstract

Der Großteil von Seen und Flüssen in Deutschland befindet sich nicht in dem von der europäischen Wasserrahmenrichtlinie geforderten guten ökologischen Zustand. Die Ursache hierfür besteht in den meisten Gewässern nach wie vor in zu hohen Nährstoffbelastungen. Dadurch wird besonders im Sommer das Wachstum des Phytoplanktons (Algen) gefördert, das Wasser wird trübe, zeitweise sauerstoffarm und riecht unangenehm. Solche Gewässer stellen für viele Tiere und Pflanzen keinen geeigneten Lebensraum dar und sind für den Menschen unattraktiv. Die Hauptnährstoffe, um die es dabei geht, sind Stickstoff und Phosphor. Dabei galt Phosphor (P) lange Zeit als der begrenzende Faktor der Phytoplanktonbiomasse in Binnengewässern: Je geringer die PKonzentration desto geringer die Biomasse und desto besser die Gewässergüte. Dies ist bis heute Lehrbuchmeinung. In der Praxis wurde und wird daher auf eine Senkung der Phosphorkonzentrationen gesetzt, was in vielen, aber längst nicht allen Gewässern zum Erfolg führte. Deutlich weniger Studien zeigten, dass Stickstoff die Phytoplanktonbiomasse begrenzt, was allerdings auch darauf zurückzuführen ist, dass deutlich weniger Studien zum Einfluss von Stickstoff durchgeführt wurden. Eine systematische Analyse zur Bedeutung von Phosphor im Vergleich zu Stickstoff fehlte bisher. Bis heute wird daher die Bedeutung von Stickstoff als begrenzender Faktor der Phytoplanktonbiomasse weitgehend negiert. In NITROLIMIT I (2011 - 2013) wurde dagegen gezeigt, dass die Algenbiomasse in fast der Hälfte der Seen der Norddeutschen Tiefebene durch N begrenzt wird. In der Praxis wird bislang die gezielte Reduktion von Stickstoffeinträgen abgelehnt, weil man befürchtet, dass dies besonders in Seen durch Stickstofffixierung von Cyanobakterien ausgeglichen werden kann und sinkende Nitratkonzentrationen die Freisetzung von Phosphor aus den Gewässersedimenten steigern. Beides könnte einer Verbesserung der Gewässergüte entgegenwirken. Für diese Argumente fehlte jedoch eine fundierte wissenschaftliche Grundlage. Stickstoff wird sowohl in Seen als auch in Fließgewässern intensiv umgesetzt und kann über verschiedene mikrobielle Umsatzprozesse (insbesondere Denitrifikation) auch wieder aus dem System entfernt werden. Fließgewässer transportieren schließlich die nicht zurückgehaltenen Nährstoffe aus den Einzugsgebieten in die Ästuare, Küstengewässer und Meere, wo in weiten Bereichen Stickstoff der limitierende Nährstoff ist. Über den Umsatz und den Rückhalt von Stickstoff in großen Flüssen bestehen bis heute allerdings große Unsicherheiten. Zur Beantwortung der Frage „Ist Stickstoffreduktion ökologisch sinnvoll?“ bestand daher umfangreicher Forschungsbedarf. Die bisherige Strategie zur Verbesserung der Gewässergüte zielte auf Minderung der Phosphorkonzentration ab. Hierzu existieren Erfahrungswerte zu Wirkung und Kosten von Maßnahmen. Viele Maßnahmen zur Phosphorreduktion gehen zu einem gewissen Teil auch mit Stickstoffreduktion einher. Der Erfolg der Begleiterscheinung „Stickstoffreduktion“ wurde jedoch meist nicht analysiert. Fallstudien zur Verbesserung der Gewässergüte durch gezielte Stickstoffminderung wurden bisher nicht durchgeführt, weshalb Daten und Erfahrungen zu Kosten und Wirksamkeit solcher Maßnahmen fehlen. Unabhängig davon, ob eine Verbesserung der Gewässergüte über Phosphor- oder Stickstoffreduktion angestrebt wurde, fehlte bisher eine Strategie, nach der im Voraus Kosten, Wirksamkeit und Nutzen ermittelt und abgewogen werden. Daher bestand auch zur Beantwortung der Frage, „Ist Stickstoffreduktion wirtschaftlich vertretbar?“ deutlicher Forschungsbedarf.

Nixdorf, B. , Wiedner, C. , Rücker, J. , Grüneberg, B. , Dolman, A. , Schlief, J. , Becker, K. , Kolzau, S. , Martienssen, M. , Böllmann, J. , Kuhn, R. , Fischer, H. , Lindim, C. , Ritz, S. , Köhler, J. , Venohr, M. , Mischke, U. , Matranga, M. , Fiedler, D. , Casper, P. , Kupetz, M. , Rouault, P. , Matzinger, A. , Remy, C. , Riechel, M. , Mutz, D. , Meyerhoff, J. , Horbat, A. , Petzoldt, T. , Moreira Martinez, S. , Sachse, R. (2014): Abschlussbericht NITROLIMIT I: Stickstofflimitation in Binnengewässern – Ist Stickstoffreduktion ökologisch sinnvoll und wirtschaftlich vertretbar?.

Brandenburgische Technische Universität Cottbus - Senftenberg, Bundesanstalt für Gewässerkunde, Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Kompetenzzentrum Wasser Berlin gGmbH, Technische Universität Berlin, Technische Universität Dresden

Abstract

Der Großteil der bundesdeutschen Binnengewässer wird bis 2015 nicht den guten ökologischen Zustand erreichen, der von der EU-Wasserrahmenrichtlinie gefordert wird. Bisher ging man davon aus, dass die Gewässergüte in erster Linie durch Phosphor bestimmt wird. In jüngster Zeit mehrten sich aber Hinweise, dass in vielen Gewässern auch Stickstoff eine entscheidende Steuergröße der Phytoplanktonentwicklung darstellt. Daher wird die Reduzierung von Stickstoffeinträgen gefordert. Die Kosten für Maßnahmen zur Reduktion der Stickstoffeinträge aus punktuellen (beispielsweise Kläranlagen) und diffusen Quellen (beispielsweise aus der Landwirtschaft) werden um ein Vielfaches höher geschätzt im Vergleich zu Maßnahmen zur Reduktion von Phosphoreinträgen. Ob Maßnahmen zur Stickstoffreduktion ökologisch wirksam werden, kann aufgrund unzureichender Kenntnisse zur Herkunft, Umsetzung und Wirkung von Stickstoff derzeit nicht eingeschätzt werden. Daher fordern öffentliche und wirtschaftliche Maßnahmenträger nachdrücklich eine Klärung des Nutzens von Stickstoffelimination. An diesem Punkt setzt NITROLIMIT an. Es sollte eine fundierte wissenschaftliche Grundlage zur Beurteilung des Einflusses von Stickstoff auf die Gewässergüte geschaffen, die Kosten und Nutzen von Maßnahmen zur Verringerung von Stickstoffeinträgen analysiert und darauf basierend Empfehlungen für eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung erarbeitet werden.

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