Interview mit neuem Gruppenleiter Wolfgang Seis

Wolfgang, herzlichen Glückwunsch zu deiner neuen Position! Deine Gruppe trägt den Namen „Wasser & Risiko“. Kannst du uns mehr über die thematischen Schwerpunkte erzählen und welche Bedeutung diese Themen haben?

Als Forschungsgruppe beschäftigen wir uns mit der Entwicklung und Anwendung von Methoden und Modellen zur Charakterisierung und Quantifizierung von Risiken. Risikoanalysen spielen heutzutage eine zentrale Rolle in modernen Managementsystemen, da sie Risiken identifizieren, quantifizieren, bewerten und geeignete Gegenmaßnahmen ableiten. Dadurch tragen sie wesentlich zur kontinuierlichen Verbesserung von Managementsystemen bei.

Besonders spannend ist, dass risikobasierte Ansätze auch immer mehr an Bedeutung gewinnen – sei es in Bereichen der Wassernutzung, wie beispielsweise der Trinkwasserversorgung, der Wasserwiederverwendung, oder auch in der Bewirtschaftung von Badegewässern. Unser Gruppenname „Wasser & Risiko“ ist bewusst offen formuliert, weil wir ein breites Spektrum an Themen integrieren möchten: von hygienischen Gesundheitsrisiken über Risiken durch Überflutung bis hin zu Risiken im digitalen Raum.

Ein wesentlicher Bestandteil von Risikoanalysen ist es, fachspezifisches, transdisziplinäres Wissen methodisch nachvollziehbar zusammenzuführen. So können wir die Wahrscheinlichkeit und mögliche Schäden von Gefährdungsereignisse quantifizieren und die Wirksamkeit von Maßnahmen transparent bewerten.

Welche Aufgaben und Ziele stehen für dich als Gruppenleiter im Fokus und was möchtest du mit deinem Team erreichen?

Als Gruppenleiter sehe ich meine Hauptaufgabe darin, das Themenfeld „Wasser & Risiko“ fachlich-inhaltlich zu koordinieren und gemeinsam mit meinem Team strategisch weiterzuentwickeln. Das KWB ist eine Einrichtung für angewandte Forschung, und daher legen wir großen Wert darauf, eine praxisnahe Vision zu verfolgen. Die Expertise unseres Teams steht im Mittelpunkt: Sie ermöglicht es uns, drängende Zukunftsthemen frühzeitig zu erkennen und gezielt anzugehen. Dabei verbinden wir die Neugier und Interessen des Teams mit den Anforderungen der Praxispartner – stets mit Blick auf den Status quo und die Umsetzbarkeit unserer Methoden.

Unser Ziel ist es, einen bedeutenden Beitrag zur nachhaltigen und sicheren Nutzung von Wasser zu leisten. Dazu entwickeln wir innovative Ansätze und etablieren fortschrittliche Methoden zur umfassenden Risikobewertung. .

Wie ist dein Team aufgebaut und wer gehört zu den Gruppenmitgliedern?

In meinem Team arbeiten aktuell Hannah Schubach, die sich im Projekt AQUAMON mit der Modellierung hygienischer und chemischer Risiken im Themenfeld der Wasserwiederverwendung beschäftigt, sowie Lukas Guericke, der sich mit der Quantifizierung der Wahrscheinlichkeit von Zustandsverschlechterungen in Kanalnetzen auseinandersetzt. Außerdem verstärkt uns Enrique Campbell, der im Projekt iOLE an der schnellen Detektion von Leckagen im Trinkwassernetz arbeitet. In den nächsten Monaten kommt außerdem noch eine neue Person dazu, die sich insbesondere mit Data Governance und Risiken im Zusammenhang mit digitalen Lösungen beschäftigen wird.

Ich selbst arbeite seit langem mit der Vorhersage und Modellierung hygienischer Parameter im Bereich der Wasserwiederverwendung und Badegewässerbewirtschaftung. Dabei nutze ich vorzugsweise Bayes’sche Modellierungsansätze.

Seit 13 Jahren arbeitest du am KWB. Wie bist du damals hierhergekommen, und ab wann hast du dich intensiv mit dem Thema „Wasser & Risiko“ beschäftigt?

Tatsächlich kam ich bereits vor 14 Jahren ans KWB, zunächst um meine Diplomarbeit mit dem Thema „Modellierung mikrobiologischer und chemischer Gesundheits- und Umweltrisiken“ zu schreiben. Zu der Zeit gewann der „risikobasierte Ansatz“ auch international immer mehr an Bedeutung, zum Beispiel in den WHO-Richtlinien. Das KWB hat mich dann gefragt, ob ich nicht Lust hätte, diesen Kompetenzbereich hier mit aufzubauen. Da musste ich nicht lange überlegen und habe natürlich gerne zugesagt.

Auf welche Projekte oder Erfolge am KWB bist du besonders stolz?

Zum einen möchte ich unser Tool SWIM:AI erwähnen. Das ist eine Open-Source-Software, die speziell dafür entwickelt wurde, Vorhersagemodelle für Flussbadegewässer aufzubauen und zu implementieren. Dieses Tool haben wir im Rahmen der Projekte FLUSSHYGIENE, iBathWater und digital-water.city entwickelt. Seit 2018 wird es täglich von den Berliner Gesundheitsbehörden genutzt, um die Badegewässerqualität in der Berliner Unterhavel vorherzusagen – das macht mich wirklich stolz.

Zum anderen war ich im Projekt FlexTreat beteiligt, wo ich durch den Vergleich verschiedener statistischer Methoden an der Validierung der Reinigungsleistung kommunaler Klärwerke mitwirken konnte. Das war eine spannende Arbeit und daraus entstand auch ein Beitrag zum DWA-Merkblatt M 1200. Dieses Merkblatt ist wichtig, weil es sich mit der Umsetzung der EU-Verordnung 2020/741 in Deutschland beschäftigt und damit eine zentrale Rolle für die sichere Wasserwiederverwendung spielt. Es ist toll zu sehen, wie diese Arbeit in praktische Anwendungen einfließt.

Welche Rolle spielt Wasser in deinem Leben außerhalb des Berufs? Gibt es eine persönliche Anekdote, die du mit uns teilen möchtest?

Vielleicht als kleine Motivation für Lehrer, die Anekdote wie ich zum Technischen Umweltschutz - meinem Studienfach - gekommen bin: Am Werner-von-Siemens-Gymnasium in Weißenburg hatten wir einen außerordentlich guten Chemielehrer, Herrn Rainer Messerer. Besonders im Schwerpunkt „Organische Chemie des Alltags“ hat er uns begeistert. Ich erinnere mich noch genau an das Thema „Waschmittel und Tenside“. Er hat uns damals sehr anschaulich erklärt, wie Phosphate, die lange in Waschmitteln zur Wasserenthärtung genutzt wurden, über die Klärwerke in die Gewässer gelangten, dort zu Eutrophierung und schließlich zu Fischsterben führten.  Bis dahin hatte ich mir ehrlich gesagt kaum Gedanken gemacht, wie Alltagschemikalien die Umwelt beeinflussen. Aber dieses Thema hat mich total gepackt! Ich fand es so spannend, dass ich mich entschied, genau in diese Richtung zu gehen – und so habe ich eine einzige Bewerbung geschrieben: für den Studiengang Technischer Umweltschutz in Berlin.

Möchten Sie die „{filename}“ {filesize} herunterladen?

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.